Gefährlichkeit von Covid-19 und Grippe (3/2020)

Im Bayrischen Rundfunk gibt es einen interessanten Beitrag, der aufzeigt, dass die zugrundeliegende Datengrundlage über die Todesrate der beiden Virus-Erkrankungen nicht die gleiche ist.
Im Beitrag von Ulrike Protzer vom Institut für Virologie der TU in München  kommt zum Ausdruck, dass es die Erfassungsmethoden so sehr unterschielich sind, dass man einen direkten Vergleich nicht so einfach darstellen kann. Die dargelegten Fakten sind jedoch sehr informativ.

17.03.2020, 14:46 Uhr

#Faktenfuchs: Was ist gefährlicher – Corona oder Grippe?

Die Frage, welcher Virus tödlicher ist, treibt viele um: Coronavirus oder die Influenza? Der #Faktenfuchs klärt die Frage mit Hilfe von zwei BR-Expertinnen.

Während wegen der Ausbreitung von Corona das öffentliche Leben in Bayern im Katastrophenfall deutlich eingeschränkt ist, stellen sich die Menschen weiter wesentliche Fragen zu dem Virus. Auf der Straße und im Netz taucht besonders häufig die Folgende auf: Was ist gefährlicher – Grippe oder Corona?

Wie hoch ist die Sterblichkeitsrate bei der Influenza?

Wie gefährlich eine Viruserkrankung ist, erklären Mediziner anhand ihrer Sterblichkeitsrate: die Rate der Todesfälle unter allen Virusinfizierten. Oder anders ausgedrückt, wie viele von allen mit einem bestimmten Virus Infizierten sterben. Bei den Influenza-Wellen jedes Jahr schätzt man eine Sterberate von 1 bis 2 Verstorbenen auf 1.000 Infizierte, das sind 0,1 bis 0,2 Prozent.

Ulrike Protzer vom Institut für Virologie der Technischen Universität München geht bei der Grippe – je nach Saison – von einer Sterblichkeit von Patienten, die im Krankenhaus behandelt werden, von 0,5 Prozent bis acht Prozent aus. Die Sterblichkeit hängt vom jeweils zirkulierenden Virus ab und ist laut Protzer extrem altersabhängig.

Sterberaten werden unterschiedlich erhoben

Jedoch ist bei einem Vergleich der Sterberaten Vorsicht geboten. Die Zahlen werden nämlich unterschiedlich erhoben. Bei der Grippe nehmen Wissenschaftler die sogenannte Übersterblichkeit. Das heißt, sie schauen, wie viel Menschen mehr sterben während der Grippesaison als in den restlichen Monaten des Jahres. Aber im Fall von SARS-CoV-2 schauen sie die Sterblichkeit bei gesicherten Infektionsfällen an – das ist ein bedeutender Unterschied. Deshalb kann man die Zahlen nicht einfach vergleichen. Laut Ulrike Protzer jedoch sind sie so ähnlich wie bei einer durchschnittlichen Grippesaison.

In China scheint die Corona-Sterblichkeitsrate höher

Vor Kurzem hatte eine Auswertung in China ergeben, dass dort rund 2,3 Prozent der mit Sars-CoV-2 Infizierten sterben – das ist ein Schätzwert. Experten gehen aber davon aus, dass dieser zu hoch liegt, da viele milde Infektionen nicht mit in die Statistik einflossen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO – genauer von Bruce Aylward – nannte eine mögliche Sterblichkeitsrate in Chinas Regionen ohne das Epizentrum Hubei von 0,7 Prozent (also 7 Verstorbene pro 1.000 Infizierte).

In Deutschland verläuft die Krankheit oft mild

Aktuell kann niemand endgültig beantworten, ob diese Rate auch für europäische Länder gelten wird. Bei älteren Menschen mit chronischen Vorerkrankungen kann SARS-CoV-2 zu schweren Verläufen führen. Außerdem scheint die Krankheit für Frauen weniger gefährlich zu sein als für Männer. Dem Charité-Virologen Christian Drosten zufolge sprechen die Daten insgesamt dafür, dass Kinder deutlich seltener ernsthaft erkranken als Erwachsene, und auch dafür, dass Schwangere nicht besonders gefährdet sind.

„Wir haben viele milde Fälle“, sagte Drosten. Er nannte eine Sterblichkeitsrate bon 0,3 bis 0,7 Prozent der Fälle. Das heißt, dass von 1.000 Infizierten 3 bis 7 sterben. Mit einer weiteren Verbreitung des Virus werde die tatsächliche Rate allerdings eher sinken.

Laut Robert Koch-Institut (RKI) erkranken rund 15 von 100 Infizierten schwer, bekommen zum Beispiel Atemprobleme oder eine Lungenentzündung und brauchten intensiv-medizinisch Betreuung. Betroffen sind zumeist Menschen aus Risikogruppen wie Krebskranke in Chemotherapie, alte Menschen und solche mit Vorerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder auf Diabetes zurückgehenden Organschäden. Eher selten sind hingegen Todesfälle etwa durch Atemstillstand, septischen Schock oder Multiorganversagen.

Wichtig für die Einschätzung der Gefährlichkeit ist auch, dass es bei der Grippe eine Impfung und im Zweifel Tamiflu als Medikament gibt, bei Corona hingegen bisher nicht. Vor der Influenza gibt es zudem einen gewissen Schutz, da ein Teil der Bevölkerung die Krankheit durchgemacht hat, bei Corona trifft das Virus auf diesbezüglich völlig ungeschützte Menschen.

Fazit

Eine eindeutige und endgültige Antwort auf die Frage, welcher Virus gefährlicher ist, gibt es derzeit noch nicht. Corona- und Influenza-Sterberaten werden unterschiedlich gemessen. Außerdem ist noch nicht klar, wie sich die Ausbreitung und die Zahl der Todesfälle des neuen Coronavirus entwickeln wird.

07. April 2020: Wir haben nach Veröffentlichung des Artikels die Prozentangaben zur Grippe von Ulrike Protzer vom Institut für Virologie der Technischen Universität München präzisiert.

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Quelle: https://www.br.de/nachrichten/wissen/faktenfuchs-was-ist-gefaehrlicher-corona-oder-grippe,RtUiWta

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